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Ziel ist es den Menschen in den verstrahlten Gebieten Weißrusslands zu vermitteln, wie sie sich selbst möglichst gut vor der Strahlenbelastung schützen können. Die Strahlenmessstellen sind hierbei ein guter Weg. LehrerInnen werden zu MultiplikatorInnen ausgebildet, die vor Ort die lokal produzierten oder gesammelten Lebensmittel der Dorfbevölkerung messen und eine konkrete Beratung anbieten.
Warum sind nach 20 Jahren immer noch Messungen wichtig? Was haben die Menschen davon, wenn sie wissen wie verstrahlt Ihre »Lebens«mittel sind? Das die Nahrungsmittel irgendwie nicht in Ordnung sind wissen die meisten. Aber man sieht sie nicht und man schmeckt die Radioaktivität auch nicht; da geht man schnell zum Alltag über, gerade so viele Jahre nach dem GAU. »Man kann ja eh nichts tun - und essen muss man ja«, so die weit verbreitete Meinung.
Konkrete Handlungsmöglichkeiten gibt es, sie sind aber Vielen unbekannt. – Dies zu ändern hat sich Prof. Nesterenko zum Ziel gemacht. Ein Beispiel: Rund 60 % der Strahlenbelastung nehmen die Kinder heute durch die Milch zu sich. Wenn Milch aber zu Sahne weiter verarbeitet wird, so wird über das Molkewasser mehr als 90 % des Cäsiums 137 und über 95 % des Strontiums 90 aus der Nahrungskette entfernt. All dies wird den Menschen in den Messstellen vermittelt.
Die Lebensmittelmessungen führen den Menschen deutlich vor Augen, wie hoch ihre »Lebens«mittel verstrahlt sind, was dazu führen kann die Menschen neu für das Problem der Strahlenbelastung zu sensibilisieren. Ausserdem machen die Messergebnisse deutlich, dass es unterschiedlich stark verstrahlte Lebensmittel auf engem Raum (z.B. in einem Dorf) gibt. Die genaue Wahl des Platzes für den Gemüseanbau, beim Pilze & Beeren sammeln und wo die Kühe weiden, kann zu wesentlich niedrigeren Strahlenwerten in der Nahrung führen.
Strahlung sieht und fühlt man nicht,
wenn man die Belastung aber konkret misst
und die Resultate vorliegen hat,
dann sind die Menschen eher bereit
ihre Essgewohnheiten zu ändern
Prof. Nesterenko
Doch nicht nur der Ort spielt eine Rolle beim Strahlenschutz, sondern auch die Weiterverarbeitung der Lebensmittel, was bei sachgerechter Handhabung zu einer Reduktion der Verstrahlung in der Nahrung führt. Für Milch, Pilze, Kohl, Kartoffeln etc. gibt es Möglichkeiten der Weiterverarbeitung, die die Radionuklide verringern. Beispielsweise ist die Strahlenbelastung von Sauerkraut niedriger als die von Weisskohl.
Wie das genau funktioniert erklären DorfschullehrerInnen, die zu RadiometristInnen / MeßstellenleiterInnen ausgebildet wurden. Kostenlos messen sie die lokal angebauten Nahrungsmittel der Menschen, beraten und verteilen Informationsmaterial zum Strahlenschutz und praktischen Umgang mit den Lebensmitteln.
Doch nicht nur die Menschen die Lebensmittelproben in die Meßstelle bringen werden informiert. Die RadiometristInnen unterrichten die Kinder in der Schule im Strahlenschutz und informieren die Eltern auf Elternabenden. Vielfach gehen die RadiometristInnen auch direkt in die Familien (im Dorf kennt jeder jeden) und motivieren die Menschen sich dem Problem zu stellen.
Um der Bevölkerung Wissen über die alltäglichen Möglichkeiten des Strahlenschutzes zu vermitteln, wurden Elternhefte und ein Videofilm (mit Unterstützung der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) produziert.
Die Leiterin der Messstelle ist Lehrerin für Biologie und Sozialkunde. Zur Eröffnung der Messstelle hat sie eine Elternversammlung einberufen, um die Eltern über Strahlenschutzmaßnahmen zu unterrichten und um sie mit der Arbeit der Messstelle vertraut zu machen.
Die SchülerInnen hat sie gleich in den Betrieb der Messstelle einbezogen. Sie untersuchte zusammen mit ihnen die Belastung des Dorfes und der Umgebung. Auf diese Weise haben sie eine Strahlenkarte des Dorfes und der näheren Umgebung angefertigt, um so die Menschen zu informieren, die dann ihre Verhaltensweisen darauf abstimmen können.
»Die Eltern bemühen sich nun die Strahlenbelastung unter 37 Bq pro Kilogramm zu drücken. Durch die Messungen werden Zielsetzungen konkret. Die Menschen können sie nun selbst nachvollziehen und kontrollieren, ob sie Fortschritte machen«, so die Radiometristin.
Im August wurden viele Pilze gemessen. Manche waren sehr stark belastet, andere weniger. 20 – 30 Menschen kamen manchmal täglich um Pilze messen zu lassen. Die unterschiedliche Strahlenbelastung bei den Pilzen rührt daher, dass die Menschen zum Pilze sammeln auch in die weitere Umgebung fahren.
Die Belastung im Brot war plötzlich stark gestiegen. Im Dorf angeliefertes Getreide wurde in der Messstelle gemessen. Die Strahlenbelastung war viel zu hoch. Das Getreide wurde dann zum Hersteller zurück geschickt.
Im Winter kommen nur wenige Menschen um ihre Milch messen zu lassen. Im Winter geben die Kühe nur rund 2 Liter pro Tag. Die Milch die dann im Messgerät gemessen wird, wollen die Menschen anschließend nicht mehr trinken. Darum ist es ihnen zu schade einen Teil der Milch für die Messungen zu verwenden.
Es heißt schnell: »Du hast meine Milch doch schon vor einem Monat gemessen«. Aber sie hat festgestellt: »Die Ziegenmilch die im Winter in Ordnung war, war im Frühling viel zu hoch belastet«.
Der Betrieb einer Strahlenmessstelle kostet pro Jahr 1238,- €.
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